Fiktive Abrechnung nach Gutachten:
So holen Sie das Meiste raus
Die meisten Menschen lassen als Unfallgeschädigte den entstandenen Schaden reparieren, da dies von der gegnerischen Versicherung gezahlt wird. Dies ist aber nicht zwangsläufig nötig. Oft möchte man etwa einen Bagatellschaden vielleicht selbst reparieren oder findet den Schaden nicht so schlimm, dass er unbedingt zur Reparatur muss. Auch wenn Sie den Schaden nicht beheben lassen wollen, können Sie ihn mithilfe einer „fiktiven Abrechnung“ nach dem Gutachten über die gegnerische Versicherung regulieren. Was die fiktive Abrechnung genau ist, wann es sich lohnt und wann sie zum Einsatz kommt, erfahren Sie in diesem Artikel.
Was bedeutet der Begriff „fiktive Abrechnung“?
Wenn Sie einen Schaden mit der gegnerischen Versicherung fiktiv abrechnen, bedeutet dies, dass der Schaden nicht repariert wird, Sie aber trotzdem von der Versicherung Geld für den entstandenen Schaden erhalten. Diese Art der Abrechnung nennt sich fiktive Abrechnung. In der Regel kommt die fiktive Abrechnung nach Gutachten vor allem bei Kfz-Haftpflichtschäden zur Anwendung. Dabei erstattet die Versicherung des Unfallverursachers dem Geschädigten die Kosten des Schadens.
Fiktive Abrechnung: ein vollkommen legaler Vorgang
Die fiktive Abrechnung mit der Versicherung ist absolut legal. Da am Fahrzeug des Geschädigten ja tatsächlich ein Schaden entstanden ist, der den Wert des Autos mindert und somit für einen geringeren Wiederverkaufswert sorgt, muss die gegnerische Versicherung diesen Betrag ausgleichen. Dies gilt eben auch, wenn der Geschädigte den Schaden nicht reparieren will. Wie, wann und in welcher Höhe diese Schadensregulierung ausfällt, wird immer mehr durch zahlreiche Gerichtsurteile festgelegt.
Wann lohnt sich die fiktive Abrechnung?
Häufig findet die fiktive Abrechnung bei Bagatellschäden, also eher geringeren Schäden, Anwendung.
Fiktive Abrechnung: Ein Beispiel
Auf dem Parkplatz erwischt ein Autofahrer beim Verlassen der Parklücke mit seinem Fahrzeug das neben ihm stehende Auto und es entsteht dadurch eine kleine Beule und ein Kratzer. Bei einem älteren Fahrzeug fällt dieser Bagatellschaden womöglich nicht besonders auf und der Geschädigte verzichtet auf eine Reparatur. In diesem Fall lohnt sich die fiktive Abrechnung nach einem Gutachten mit der Versicherung, da der Geschädigte somit Geld bekommt, dass er im Anschluss aber nicht für die Reparatur ausgeben muss.
Fiktive Abrechnung nach Gutachten
Damit die fiktive Abrechnung stattfinden kann, wird zunächst ein Gutachten von einem unabhängigen Sachverständigen benötigt. Ein unabhängiges Gutachten ist immer besser, als ein Gutachten oder eine Schätzung der gegnerischen Versicherung, da diese meist zu gering ausfallen. Das Schadengutachten, wie auch wir es gerne für Sie erstellen, stellt die Grundlage der fiktiven Abrechnung und damit der Schadensregulierung dar. Über den erstatteten Betrag können Sie als Geschädigter vollkommen frei verfügen.
Was sollte ich in Bezug auf die Abrechnung mit der Versicherung beachten?
Wenn Sie bei einem Unfall einen Schaden erleiden, den Sie nicht verursacht haben, ist die Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers dazu verpflichtet, den Schaden zu regulieren. Die eigene Teilkaskoversicherung oder Kaskoversicherung übernimmt hingegen Schäden, die Sie selbst bei einem Unfall an Ihrem Auto verursacht haben.
Normalerweise reichen Sie nach der Reparatur eines Unfalls Ihre Rechnung bei der gegnerischen Kfz-Versicherung des Gegners oder bei selbst verursachten Schäden bei der eigenen Kasko- oder Teilkaskoversicherung ein. Die Versicherungen übernehmen dann die Kosten voll oder anteilig. Es empfiehlt sich auch in diesen Fällen, immer vorab ein unabhängiges Gutachten einzuholen.
Wenn Sie als Geschädigter bei einem Kfz-Unfall dagegen eine fiktive Abrechnung nach Gutachten einem Gutachten bevorzugen, reichen Sie das Schadengutachten oder gegebenenfalls auch schon den Kostenvoranschlag der Kfz-Werkstatt bei der gegnerischen Versicherung ein.
Lohnt sich die fiktive Abrechnung bei Vollkasko und Teilkasko?
Grundsätzlich können Sie als Unfallverursacher auch eine fiktive Abrechnung mit der eigenen Teil- oder Vollkaskoversicherung vereinbaren. Dies lohnt sich aber normalerweise eher nicht, da Sie danach in eine teurere Schadensfreiheitsklasse zurückgestuft werden und die Versicherung am Ende mehr kostet.
Fiktive Abrechnung: Was wird abgezogen?
Bei der Wahl der fiktiven Abrechnung haben Sie auch die Möglichkeit, die Kosten für einen Anwalt, einen Nutzungsausfall oder die Gutachtenkosten erstattet zu bekommen. Sie erhalten für das Gutachten oder den Anwalt den vollen Preis inklusive der Mehrwertsteuer von der gegnerischen Versicherung zurück. Bei den Reparaturkosten erhalten Sie jedoch nur den Nettobetrag, da Sie ja bei der fiktiven Abrechnung die Reparatur nicht vornehmen lassen möchten oder diese privat regeln. Die Mehrwertsteuer wird also bei einer fiktiven Abrechnung nach Gutachten abgezogen.
Ist eine fiktive Abrechnung auch bei einem Totalschaden möglich?
nach dem Unfall, Eine fiktive Abrechnung können Sie im Falle eines wirtschaftlichen Totalschadens vornehmen. Dies ist der Fall, wenn der Schaden, also die Reparaturkosten zuzüglich des Restwertes des Fahrzeugs, so hoch sind, dass sie den Wiederbeschaffungswert übersteigen.
Wenn Sie also beispielsweise einen Unfall mit einem Fahrzeug haben, das vor dem Unfall 8000 Euro wert war und dieses danach nur noch einen Wert von 5000 Euro hat und die Reparaturkosten zudem 4000 Euro betragen, haben Sie die Möglichkeit, fiktiv abzurechnen. Allerdings müssen Sie in diesem Fall nachweisen, dass Sie den Wagen nach dem Unfall noch mindestens sechs Monate gefahren sind.
Bei einem Totalschaden, bei dem die Kosten der Reparatur mehr als 30 % über dem Wert der Wiederbeschaffung liegen, übernimmt die gegnerische Versicherung den Preis für den Kauf eines gleichwertigen Autos. Unter diesen Umständen können die Kosten für die Reparatur nicht mittels einer fiktiven Abrechnung nach Gutachten erfolgen.
Fiktive Abrechnung: Gutachten oder Kostenvoranschlag einreichen?
Auch wenn in vielen Fällen ein Kostenvoranschlag ausreichend ist, empfehlen wir Ihnen einen unabhängigen Sachverständigen hinzuzuziehen. Schließlich kann es zu unterschiedlichen Auffassungen über die Schadenhöhe zwischen dem Geschädigten und der gegnerischen Versicherung kommen. Mit einem Gutachten von einem unabhängigen Sachverständigen wie uns haben Sie einen gerichtssicheren Nachweis für Ihre Forderungen.
Die Versicherung des Unfallgegners hat zudem bei größeren Schäden die Pflicht, die Kosten für ein unabhängiges Gutachten zu erstatten (bei Bagatellschäden gilt dies nicht). Sie haben aber in jedem Fall immer das Recht, einen unabhängigen Gutachter hinzuzuziehen.
Worüber wird meist bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung gestritten?
Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung in Bezug auf fiktive Abrechnungen verlangen die Anwälte und Gutachter des Geschädigten meist mehr, während die gegnerischen Versicherungen darum bemüht sind, die Erstattungskosten der verschiedenen Positionen möglichst niedrig zu halten. Nicht selten gibt es über die fiktiven Werkstattkosten Auseinandersetzungen. Speziell darüber, ob die Stundenlöhne von Werkstätten der verschiedenen Automarken oder von freien Werkstätten zu berechnen sind.
Hierzu entschied der Bundesgerichtshof im Jahr 2015, dass die Versicherungen bei bestimmten Umständen nur die Kosten der freien Werkstätten erstatten müssen. Und zwar, wenn das Fahrzeug keine regelmäßigen Wartungen in einer Fachwerkstatt erhielt und mehr als drei Jahre alt ist.
Auch über den Nutzungsausfall wird häufig gestritten. Das Landgericht Saarbrücken hat 2015 entschieden: Wenn jemand seinen Schaden fiktiv abrechnet, dann bekommt er den Nutzungsausfall nur so lange ersetzt, wie die Reparatur normalerweise laut Gutachten dauern würde. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Reparatur in echt länger dauert oder ob man sie selbst oder gar nicht macht. Kurz gesagt: Bei fiktiver Abrechnung zählt nur die „Reparaturdauer auf dem Papier“, nicht wie es tatsächlich gelaufen ist.
Ein weiterer Streitpunkt sind die Kosten für Ersatzteile. Oft geht es darum, ob unbedingt teure Originalteile verwendet werden müssen oder ob auch günstigere Teile ausreichen. Außerdem wird häufig über die Wertminderung gestritten. Also darum, wie viel das Auto nach einem Unfall dauerhaft an Wert verliert.
Abschließende Übersicht
Nach einem Verkehrsunfall kann sich der Geschädigte zwischen einer fiktiven und einer „echten“ Abrechnung entscheiden. Bei der fiktiven Abrechnung nach Gutachten zahlt die Versicherung die Schadensumme aus, egal ob der Empfänger diese für eine Reparatur nutzt oder nicht. Bei der echten Abrechnung übernimmt die Versicherung die Werkstattkosten.
Für die fiktive Abrechnung ist ein Schadengutachten von einem unabhängigen Sachverständigen dringend anzuraten. Aber auch sonst sollte grundsätzlich zur Sicherheit ein solches Gutachten, vor allem bei höheren Schäden, eingeholt werden.
Die Kosten für ein unabhängiges Gutachten übernimmt, außer in Bagatellfällen, die gegnerische Haftpflichtversicherung.
Neben den Reparaturkosten und dem Gutachten werden bei der fiktiven Abrechnung auch die Kosten für einen Anwalt, die Wertminderung, die Nutzungsausfallentschädigung und andere Posten erstattet.
Die Mehrwertsteuer für die Reparatur und bei einem wirtschaftlichen Totalschaden sowie die Kosten für einen Mietwagen werden bei der fiktiven Abrechnung nach Gutachten nicht berücksichtigt.
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